Rahab Basel
Unsere Arbeit
Durch aufsuchende Sozialarbeit auf dem Strassenstrich, in den Bars, Studios und Clubs knüpfen wir Kontakt zu Menschen in der Prostitution, machen die Angebote der Beratungsstellen bekannt und nehmen uns Zeit für ein Gespräch.
Abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse begleiten und beraten wir die Menschen, bieten praktische Hilfe an und vermitteln an andere Fachpersonen.
Wir unterstützen und begleiten im Ausstieg und können beschränkte finanzielle Beiträge leisten. Je nach Verfügbarkeit bietet die Notwohnung für einige Monate Unterkunft.
Wir teilen gerne den christlichen Glauben und laden zweimal pro Jahr ein zur oekumenischen Segensfeier in die St. Clarakirche. Im Treffpunkt und im Abendcafé von Aliena bieten wir Workshops und seelsorgerische Gespräche an.
Erlebt
Geschichten aus dem Alltag von Rahab.
Endlich zur Ruhe kommen
Notwohnung
Zu unseren Hilfsangeboten gehört eine kleine Wohnung, die wir Klientinnen für einige Wochen oder Monate zur Verfügung stellen. Die Gründe, weshalb sie diese in Anspruch nehmen, sind vielfältig: das Bedürfnis, während einer Auszeit das Leben zu überdenken, die Sehnsucht nach einem geschützten Ort nach einer Operation, die bevorstehende Geburt eines Babys, die Trennung vom Ehepartner, der Wunsch, auszusteigen und eine neue Perspektive anzugehen, das Bedürfnis einer Übergangslösung oder eines geschützten Erholungsraums nach Gewalterfahrungen. Immer wieder wird sie zu einem Ort, wo die Frauen aufatmen und zur Ruhe kommen können.
Von der Hölle in den Himmel
So auch Isabel*. Wir kannten uns eher oberflächlich von Begegnungen auf dem Strassenstrich und ein, zwei Besuchen in ihrem Massagesalon. Sie wünschte meine Unterstützung beim Suchen einer neuen Wohnung. Schliesslich versprach ich, sie bei diesem Prozess zu begleiten. Wir vereinbarten diverse Besichtigungstermine und füllten Formulare aus. Ohne positives Resultat. Immer wieder lag sie mir in den Ohren und hoffte, ich könnte etwas für sie «deichseln». Das ging leider nicht. Aber schliesslich wurde die Notwohnung wieder frei und wir haben beschlossen, sie ihr für ein halbes Jahr zu vermieten. Gemeinsam mit dem Sozialdienst der Universitären Psychiatrischen Klinik organisierten wir den Umzug und halfen Isabelle, ihre Sachen einzupacken und zu entsorgen, was zu entsorgen war. Isabelle konnte den Tag des Umzugs kaum abwarten. Glücklich zog sie in die helle, saubere Wohnung, «von der Hölle in den Himmel», wie sie sagte. Für sie wurde der Umzug zum Ausstieg aus der Tätigkeit als Tänzerin und Prostituierte. Jahrelang hatte sie ihre Verwandten in der Heimat finanziell unterstützt. Jetzt war für sie der Zeitpunkt gekommen, ein neues Leben anzufangen. Sie findet wieder zu sich selbst und erreicht ihr Ziel, eine eigene Wohnung zu mieten, innert sieben Monaten – ganz ohne unser Zutun.
*Name geändert
Katharina Baumberger
Momente des Glücks
Wenn man nicht von der Kostbarkeit eines Menschen überzeugt ist, dann kann man nur schwer etwas erreichen. Ruth Rau
Erfahrungen am Mittagstisch
Einmal pro Monat sind wir am Mittagstisch der Beratungsstelle Aliena präsent. Nach dem Essen haben wir Gelegenheit, Einzelnen seelsorgerisch zu begegnen. Wir probieren, soweit wie möglich alles einfach und unkompliziert zu halten und offen zu sein für die Frauen, die auf uns zukommen. Oft haben wir kleine Geschenke dabei, die den Frauen die Liebe Gottes näherbringen sollen. Manchmal nutzen wir Bildkarten, um den Frauen zu helfen, den eigenen Gefühlen auf die Spur zu kommen. Unsere Freiwillige Mandy berichtet:
«Einmal beteten wir für eine Frau mit schweren Rückenproblemen. Trotz einer Operation litt sie immer noch an starken Schmerzen. Am Ende unseres Einsatzes, als ich gerade gehen wollte, kam eine Aliena-Mitarbeiterin auf mich zu und fragte, was ich mit Ana* gemacht hatte. Zuerst meinte ich, etwas falsch gemacht zu haben. Auf meine Gegenfrage, was sie damit meine, erwiderte sie: ‘Soeben ging die Dame überglücklich fort und sagte, sie sei geheilt!’ Lächelnd antworte ich: ‘Wir haben nichts gemacht, Gott allein hat gehandelt!’»
Ein kleines Geschenk erfreut das Herz
Vor ein paar Jahren haben wir begonnen, für die Frauen am Strassenstrich Mützen und Schals zu stricken. Sobald die Nächte kälter werden, liegen die wärmenden Stricksachen für unsere Treffen im Abendcafé bei Aliena parat. Es ist immer spannend zu sehen, wie die verschiedenen Farben und Muster schliesslich zu den einzelnen Beschenkten passen. Mit Eva*, welche eben noch mit Tränen in den Augen von ihren grossen familiären Sorgen erzählt hat, beten wir. Sie zeigt uns Fotos von ihrer Tochter und ihrem kleinen Enkel. Langsam beruhigt sie sich. Und schliesslich langt auch sie in die grosse Tasche und findet zu ihrer grossen Überraschung eine wunderschöne graurosa Mütze, welche genau zum Schal passt, den sie sich zuvor bereits aus einer anderen Tüte geangelt hat. Glücklich wie eine Prinzessin rückt sie sich alles zurecht und betrachtet sich zufrieden im Spiegel.
*Name geändert
Katharina Baumberger
Wenn die Seele Atem holt
Ökumenische Segensfeiern
Zweimal im Jahr bereitet ein Team aus evangelischen und katholischen Frauen mit viel Sorgfalt und Liebe zum Detail die Segensfeiern in der St. Clarakirche vor. Wir wählen Themen und Lieder aus, erarbeiten und übersetzen Texte, planen die Dekoration, ein Ritual und kleine Geschenke zur Erinnerung an die Feier. Kurz vorher klappern wir zu zweit die Bars und Etablissements ab und laden die Frauen dazu ein. Jeder Anlass ist ein Wagnis. Werden sie sich dran erinnern und Zeit dafür freischaufeln? Mit Spannung erwarten wir den Nachmittag im Juni. Nach und nach füllt sich der Kreis; eine bunt gemischte Schar von ehemaligen und noch in der Prostitution tätigen Frauen lässt sich von der reichen, vielseitigen Liturgie berühren. Dass Gott wie ein Hirte ist, der seine Schafe führt und behütet, möchten wir mit eigenen Erlebnissen und einer Meditation möglichst erfahrbar machen. Die Zusage «Du bist bei mir!» wiederholen wir mehrfach und vertiefen sie im Lied «Ich bin mit dir auf deinem Weg». Jede Frau darf zum Schluss für sich beten und sich mit Öl salben lassen. Dankbar kehren die Teilnehmerinnen in ihre je eigene Situation zurück. Eine kleine Schachtel mit dem Bibelwort und einem Fläschchen Salböl darin erinnert sie an die Feier und an die Nähe Gottes.
Eine überraschende Begegnung
Das Telefon klingelt, die Leiterin einer Beratungsstelle ist am Apparat. Klientin Paula* fühlt sich unwohl, kann seit einigen Tagen kaum mehr schlafen oder arbeiten und ist am Rande der Verzweiflung. Paula hegt den Verdacht, dass jemand einen «Fluch» über sie ausgesprochen hat. Ob wir nicht für sie beten können? Alleine möchte ich es nicht in Angriff nehmen. Per E-Mail suche ich eine Partnerin. Karin meldet sich und wir vereinbaren einen Termin. Leider gibt es eine Kommunikationspanne. Paula wartet bereits zwei Stunden vorher vergeblich auf uns und kehrt enttäuscht an ihren Arbeitsort zurück. Dort finden wir sie später. Sie wirkt jedoch recht aufgestellt und erzählt uns, ein Mann sei auf sie zugekommen und habe auf Italienisch zu ihr gesagt: «Du hast viel gelitten. Ich bete für dich; sprich mir einfach nach, was ich dir jetzt sage.» Gleich nachher fühlt Paula sich total erleichtert. Ob es ein Engel in menschlicher Gestalt gewesen ist? Wir werden es wahrscheinlich nie wissen. In Ruhe können wir jetzt über alles reden und nochmals mit ihr beten.
*Name geändert
Katharina Baumberger
Hintergründe
Hintergrund der Prostitution
Für den Einstieg in die Prostitution stehen meist finanzielle Gründe im Vordergrund, sind jedoch verbunden mit andern innerseelischen, kulturellen und spirituellen Hintergründen.
Aus Studien mit Betroffenen geht hervor, dass ein hoher Prozentsatz der Frauen in Prostitution in der Kindheit oder Jugendzeit missbraucht wurde. Es zeigte sich auch, dass viele Frauen von kritischen Lebensereignissen extrem belastet waren.
Schwierige familiäre Verhältnisse, mangelnde emotionale Bindung, sexueller Missbrauch und sexuelle Ausbeutung als Teenager und Vergewaltigungen können einen Zirkel entstehen lassen, der letztendlich in die Prostitution führt. Zentral in diesem Prozess ist die Verinnerlichung einer mangelnden Selbstachtung, der kontinuierlich gestärkt und vertieft wird und in der sozialen Ausgrenzung gipfelt. Viele der interviewten Frauen wurden schon als Huren bezeichnet, lange bevor sie sich wirklich zu prostituieren begonnen haben.
Selbstverständlich stehen nebst diesen innerseelischen Motiven hinter der Prostitution auch wirtschaftliche Zwangslagen, Verschuldung, Arbeitslosigkeit, drohende Abhängigkeit von der Sozialhilfe. Armut und mangelnde berufliche Perspektiven fördern Prostitution und Frauenhandel.
Im Gegensatz zu den männlichen Nutzern werden Frauen in Prostitution sehr oft diskriminiert, leiden unter Isolation und führen nicht selten ein Doppelleben. Sie sind hohen Risiken ausgesetzt, beispielsweise durch Gewalt, ungewollte Schwangerschaften und sexuell übertragbare Krankheiten. Sie leiden oft an Magen- und Unterleibsbeschwerden, an psychischen Problemen und an den Folgen von Alkohol- und Drogenkonsum.
Frauen ohne geregelten Aufenthalt sind entsprechend höheren Risiken der Ausbeutung seitens HändlerInnen, Zuhälter, Bar- oder Zimmerbesitzer ausgesetzt.
Situation in Basel
Wir können davon ausgehen, dass im Jahr 2019 etwa 3’000 Personen in der Prostitution gearbeitet haben.
Sie arbeiten in Salons, auf dem Strassenstrich und im Bereich Baranimation, Escortservice und Pseudotourismus.
Im 2019 gab es in Klein- und Grossbasel 158 Salons und 13 Animierbars.
Gesetzliche Grundlagen
Das Mindestalter, um in der Prostitution erwerbstätig zu sein, ist per 1. Juli 2014 auf 18 Jahre angehoben worden. Die Inanspruchnahme von sexuellen Dienstleistungen Minderjähriger wird strafbar.
Seit 1989 gibt es im Kanton BS zum Schutz von Risikogruppen eine Registrierungsmöglichkeit. Es gibt keine obligatorischen Gesundheitskontrollen.
In den meisten Schweizer Städten existieren für die Strassenprostitution sogenannte Strich- bzw. Toleranzzonen. Ausserhalb dieser Zonen ist die Strassenprostitution verboten. Animation ist nach bisherigem Wirtschaftsgesetz nicht erlaubt.
Im Strafgesetz sind insbesondere folgende § zu beachten: § 195 über die Förderung der Prostitution, Artikel 182 über Menschenhandel und § 199 über die unzulässige Ausübung der Prostitution.
Wie unterstützen?
Nützlich
Links
Beratungsstellen in Basel
Aliena: aliena.ch
Aidshilfe beider Basel: aids-bs.ch
Frauenoase: frauen-oase.ch
Seelsorge im Tabubereich: sitablbs.ch
Informations-und Beratungsangebot für Frauen aus dem Milieu
FIZ- Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration: fiz-info.ch
Die Heilsarmee weltweit
Salvation Army : salvationarmy.org
Heilsarmee gegen Frauenhandel: salvationarmy.org/ihq/antitrafficking
Soziale Gerechtigkeit: soziale-gerechtigkeit.ch
Rahab Bern: Rahab Bern
Prostitution ohne Zwang und Gewalt
Hinweise für Freier: verantwortlicherfreier.ch
Nationale Meldestelle Menschenhandel
ACT 212: act212.ch und Hotline 0840 212 212
Projekte in Europa
P.I.N.K. in Freiburg: pink-baden.de
Mouvement du Nid: mouvementdunid.org
Solwodi Deutschland: solwodi.de
Gemeinsam gegen Menschenhandel: ggmh.de
Sexsucht und Pornografie
Liberty for you: liberty4you.ch
Pornofrei: porno-frei.ch
Büchertipps
Körper sucht Seele
von Anna Schreiber
Eine Psychotherapeutin blickt zurück auf ihre Zeit als Prostituierte:
“Mein erster Kunde: ein Mann um die vierzig. Mein letzter Kunde: ein Monteur im Hinterzimmer eines Striplokals. Dazwischen: zwei lange Jahre als Hure, Hunderte “Kunden” – Extremerlebnisse. Ich habe in manchen Phasen meines Lebens weder gewusst, ob ich aus der “Nummer” lebend herauskommen kann, noch es für möglich gehalten.
Diese Erinnerung ist in mir stets wach und lebendig. Sie wirkt in mir wie ein Mahnmal, denn es hätte alles auch anders kommen können.”
Interview mit Anna Schreiber
Piff Paff Puff
von Aline Wüst
Über zwei Jahre lang hat Aline Wüst im Schweizer Rotlichtmilieu recherchiert. Die Journalistin hat mit Prostituierten gesprochen, viel Zeit mit ihnen verbracht und dadurch viele Geschichten hautnah miterlebt. Diese erzählt sie nun in ihrem neuen Buch «Piff, Paff, Puff – Prostitution in der Schweiz».
Interview mit Aline Wüst
Der verdrängte Skandal
von Frank Heinrich & Uwe Heimowski
Menschenhandel mitten in Deutschland? Eine bittere Realität. Alleine rund 5000 Zwangsprostituierte leben hier, so Schätzungen des Bundeskriminalamtes. Kein Wunder, sind wir dank liberaler Gesetzgebung doch längst „der Puff Europas“ (Manfred Paulus, Kriminalhauptkommissar a.D.)! „Der verdrängte Skandal“ erzählt die herausfordernden Geschichten von Betroffenen. Eingerahmt werden diese von Hintergrundbeiträgen: über die Rechtslage der Opfer und die Vorgehensweisen der Täter. Aber auch über Mut machende Initiativen, ins Leben gerufen von Menschen, deren Glaube ein Wegschauen nicht zulässt: die Arbeit von „solwodi“ von Sr. Lea Ackermann oder die Hamburger Initiative „Mission freedom“.
Menschenhandel und
Sexsklaverei
von Manfred Paulus
Als ehemaliger Kriminalhauptkommissar hatte Manfred Paulus sein ganzes Berufsleben mit den Geschäftsfeldern des organisierten Verbrechens zu tun, die sich rund um die Rotlichtmilieus breit gemacht haben. 30 Jahre lang widmete er sich der Bekämpfung des immer internationaler werdenden Menschenhandels, der aus Frauen und Kindern ausgebeutete Sexobjekte macht, Waren, die mitten in unseren Städten in erniedrigender Weise angeboten und nachgefragt werden.
Tätigkeitsbericht 2023
Basel und Umgebung
Der Bericht gibt Einblicke in die Arbeit der Heilsarmee Standorte Basel und Umgebung. Auch Rahab Basel ist Teil davon.
Rahab Heilsarmee Basel
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